Was die restlichen Kriterien anbelangt: Das ökonomische System ist robust, denn es kann unter sehr verschiedenen Umständen funktionieren, aber es ist unflexibel, d.h. seine Struktur (die Regeln, nach denen es funktioniert) ist gegen Veränderungen sehr
resistent.33Murray Bookchin glossiert diesen Umstand mit dem folgenden Satz: "One might more easily persuade a green plant to desist from photosynthesis than to ask the bourgeois economy to desist from capital accumulation" (Bookchin 1988, 66).
Um überhaupt zu strukturellen Veränderungen zu kommen, wäre eine starke sichtbare Hand vonnöten. Bezüglich der Resilienz ist es schwierig, verlässliche Aussagen zu machen.
Das ökologische Versagen des heutigen ökonomischen Systems klar erkennen zu können, ist besonders wichtig, da es sich zu einer absolut dominanten Stellung in unserer Gesellschaft aufgeschwungen hat. In evolutionärer Perspektive müsste dieses System eine untergeordnete Position einnehmen. Es dürfte sich zwar als evolutionär jüngere Erscheinung aus dem älteren politischen System ausdifferenziert haben und damit für neue Freiheitsgrade sorgen, aber es müsste gleichzeitig auch im politischen System eingebettet bleiben, d.h. es müsste von hier vorgegebene Rahmenbedingungen beachten (während das politische System seinerseits in kulturellen und schliesslich in ökologischen Belangen verankert sein
müsste).34Dabei geht es nicht nur um auch von den Ökonomen anerkannte ordnungspolitische Vorgaben, die zwar einen Rahmen setzen, aber das ökonomische System an sich sonst unverändert lassen, sondern um die Frage, ob solche Rahmenbedingungen nicht effektiv zu einem anders strukturierten ökonomischen System führen müssten. Thielemann z.B. sieht in der (zumindest partiellen) Entlastung des ökonomischen Handelns von Wettbewerbs¬zwängen eine Voraussetzung für eine moralische Ökonomie, die sich dann auch ökologisch reformieren könnte (Thielemann 1994, 63).
Wie wir wissen ist die tatsächliche Situation aber eher umgekehrt, oder aber die beiden Systeme verbünden sich miteinander, und deshalb ist auch von der Kombination nichts zu erwarten. Parallel zum Marktversagen gibt es ein Staatsversagen, das Thema eines Buches von Martin
Jänicke.35Siehe Martin Jänicke 1986, besonders Kap. III ("Zur Theorie des Staatsversagens"), 52-62.
Das ökonomische System schafft Probleme, die dem Staat überbunden werden. Er ist davon überfordert, umgekehrt aber auch mitverantwortlich für die Probleme, weil er auf Gestaltung und vorsorgliche Intervention verzichtet. Je mehr Geld der Staat für die Bearbeitung industriegesellschaftlich erzeugter Probleme ausgibt, desto breiter "institutionalisiert" er ein Desinteresse an einer vorsorglichen Problemvermeidung. Und je weniger der Staat präventiv eingreift und nachträglich und teuer repariert, desto stärker wächst mit dem Finanzbedarf seine Abhängigkeit von der Steuerdividende der
Wachstumswirtschaft.36Der grundlegende Widerspruch, der in diesem Zusammenwirken von Staat und Wirtschaft zum Ausdruck kommt, wird von Giddens als struktureller Widerspruch ("structural contradiciton") thematisisert: "The primary contradiction of the capitalist (nation-)state is to be found in the mode in which a 'private' sphere of 'civil society' is created by, but is separate from and in tension with, the 'public' sphere of the state. ... The capitalist state, as a 'socializing' centre representing the power of the community at large, is dependent upon mechanisms of production and reproduction which it helps to bring into being but which are set off from and antagonistic to it" (Giddens 1984, 197).