www.humanecology.ch · Skripten 1998/99 · Ökonomisches

8 Die kulturelle Einbettung der Ökonomie

Die im vorigen Abschnitt beschriebene Art und Weise, in der die natürliche Umwelt mitberücksichtigt wird, hat insgesamt immer noch einen ziemlich infrastrukturell-technischen Charakter. Bei der Umweltökonomie ist die Perspektive eine rein ökonomische, bei der ökologischen Ökonomie eine kombiniert naturwissenschaftlich-ökonomische. Hinsichtlich der Nachhaltigkeitsproblematik ist die letztere gegenüber der ersteren sicher als bedeutender Fortschritt zu werten, aber die Frage nach dem Eigenwert der Natur hat gezeigt, dass wir es früher oder später mit ethischen Fragen zu tun haben, die für unsere Einstellung der natürlichen Umwelt gegenüber eine leitende Funktion haben. Ethisch geprägte Haltungen sind Ausdruck eines bestimmten Bewusstseins und zugehörigen Denkens; wenn sie kollektiv auftreten, reflektieren sie den Gehalt einer bestimmten Kultur (Kultur verstanden als Geistesverfassung der betrachteten Gesellschaft). Die Frage nach ethischen Rahmenbedingungen kann deshalb als Frage nach einer kulturellen Einbettung des Wirtschaftssytems gesehen werden. Ethische Gesichtspunkte können einerseits direkt das Handeln der wirtschaftlich tätigen Individuen beeinflussen. Wenn aber ethische Grundsätze einen kollektiv wirksamen Ausdruck finden sollen, müssen gesamtgesellschaftliche institutionelle Regelungen getroffen werden, ein Vorgang, der also einen politischen Zwischenschritt erfordert, eine eigentliche “politische Ökonomie”. Insofern kann eine kulturelle Einbettung gleichzeitig eine politische Rahmengebung bedeuten. Im folgenden betrachten wir zuerst eine allgemeine Typologie ethischer Denkmuster und wenden uns danach dem detaillierteren Konzept einer kulturellen Ökonomie zu.