www.humanecology.ch · Skripten 1998/99 · Ökonomisches

4 Kaurischnecken, Geld und Kapital

In ihrem kritischen Buch zur auf dem Zinssystem beruhenden Geldwirtschaft streicht Margrit Kennedy zuerst die positiven Aspekte der Existenz des Geldes heraus:
Weil Geld den Austausch von Gütern und Dienstleistungen enorm erleichtert und damit die arbeitsteilige Wirtschaft erst möglich macht, ist es eine der genialsten Erfindungen der Menschheit. Würden wir beispielsweise in einem Dorf leben, wo man nur Tauschhandel kennt, und dort ein Kunstwerk produzieren, das lediglich den Beerdigungsunternehmer interessiert, so könnten wir für unser Kunstwerk nur Särge einhandeln und müssten bald aufgeben. Bekommen wir Geld dafür, können wir es gegen alles eintauschen, was wir brauchen. Geld schafft also Möglichkeiten zur Spezialisierung und ist damit die Grundlage unserer Zivilisation.134
Doch natürlich hat diese Erfindung einen höchst ambivalenten Charakter. Schon Adam Smith machte sich 1776 darüber Gedanken, fand aber, dass von allen Interessen, denen der Mensch bisher nachgegangen sei, der Gelderwerb in einem gesellschaftspolitischen Sinne doch am wenigsten Schaden angerichtet habe.
Dennoch kann man ohne Zweifel sagen, dass der Trieb zur Ansammlung von Geld oder jede länger dauernde Verquickung mit finanziellen Dingen nicht nur bizarre, sondern zuweilen geradezu perverse Erscheinungsformen menschlichen Verhaltens erzeugt.135
Ich denke, diesen Satz kann man heute angesichts der ausser Rand und Band geratenen Finanzmärkte nur unterstreichen. Aber wenden wir uns im folgenden auch im Falle des Geldes einem kleinen kulturgeschichtlichen Überblick zu.

Anmerkungen

134
Margrit Kennedy 1991, 17.
135
John Kenneth Galbraith 1976, 14.