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Ökonomisches

Ökonomisches

1. Begriffliches
1.1 Zum Begriff der Ökonomie
1.2 Zum Begriff der Arbeit
1.3 Zum Begriff des Kapitals
2. Formen der Arbeit
2.1 "Arbeit" in archaischen Wildbeutergesellschaften
2.2 Arbeit in den politischen Sklavenhalter-Gesellschaften der Antike
2.2.1 Landwirtschaftliche Arbeit als kultische Handlung
2.2.2 Die mehr oder weniger natürliche Arbeitsteilung: Handwerk und Frauenarbeit
Im Kontrast zu den landwirtschaftlichen standen die handwerklichen Tätigkeiten; die Unterschiede wurden von Xenophon ausführlich herausgearbeitet. Der Grund für diese Ausführlichkeit, so vermutet Jean-Pierre Vernant, könnte sein, dass Xenophons Auffassung umstritten war. Sicher gehörte das Handwerk einem Bereich an, in dem bereits ein stärkeres Mass an instrumentell-rationalem Denken vorherrschte, und es ist wahrscheinlich, dass mit der zunehmenden gesellschaftlichen Arbeitsteilung auch die Landwirtschaft immer stärker in diesen Blickwinkel rückte.41
Vgl. Vernant 1973, 254, 256.
Auf alle Fälle aber wurde die letztere immer noch als etwas Natürliches empfunden, wohingegen das Handwerk hinsichtlich seiner Stellung zwischen Natur und Kunst eine eigentümlich ambivalente Stellung einnahm. Zunächst einmal war es nach Xenophon eine Tätigkeit, die “den Körper schwächt und die Seele verkümmern lässt, weil die Handwerker immer zu Hause hocken, im Schatten der Werkstatt oder neben dem Feuer.”42
Vernant 1973, 252,
Ihre Werke, die sie durch ihre Poiesis produzieren, sind auch keine natürlichen Gegenstände. Andererseits gehören handwerkliche Operationen immer noch in den Rahmen der Natur, indem sie keine künstlichen Eingriffe zum Zwecke der Transformation der Natur durch eine menschliche Ordnung darstellen und nicht auf einen unbegrenzten technischen Fortschritt gerichtet sind. Im Gegenteil: Sie können nur innerhalb festgelegter Grenzen effizient sein und zur Perfektion gelangen, Grenzen, die durch die verfügbaren Ressourcen und die menschlichen Bedürfnisse gesetzt werden, die beide nicht unbeschränkt sind. Innerhalb dieser Grenzen unterliegen die handwerklichen Gegenstände einer Zweckgerichtetheit, die derjenigen von Lebewesen durchaus vergleichbar ist; die Produktion richtet sich gewissermassen nach in der Natur vorgegebenen Modellen. Das heisst hinwiederum aber auch, dass das Tun des Handwerkers in einer Unterwerfung unter bestimmte Erfordernisse besteht, so dass es nie im selben Masse als aktive Tugend erscheinen kann, wie dies in der Landwirtschaft möglich ist.43
Nach Vernant 1973, 265-269.
Die Entwicklung der verschiedenen Handwerke war eine Voraussetzung für die Möglichkeit von Arbeitsteilung und diese wiederum eine Bedingung für die Entstehung der Städte in der Form kleiner Stadtstaaten, der Poleis. Damit war ein endgültiger Bruch zur Vergangenheit vollzogen: Es war nun nicht mehr möglich, wie bei der Landwirtschaft, das handwerkliche Tun unter religiösen Prämissen zu sehen; stattdessen traten sein ökonomischer und politischer Charakter in den Vordergrund.44
Vgl. Vernant 1973, 258.
Die klassische Zeit der griechischen Polis fiel in das 5. und 4. Jh. v.u.Z. Sie war aber nicht plötzlich da, sondern hatte ihre Vorläufer, die bis an den Anfang des 1. Jahrtausends v.u.Z. zurückreichen: Befestigte Hofsitze von Grossgrundbesitzern, bei denen sich auch kleinere Bauern und Handwerker ansiedelten, aber auch gemeinsame Ansiedlungen von freien Bauern, die sich zusammenschlossen, um ihren Grund und Boden militärisch zu verteidigen (nicht zuletzt gegen die oben erwähnten Raubfahrten des Adels!).45
Vgl. Ebert u.a. 1984, 15-16, 21, 32.
Indem sich nun die Menschen in der Polis zusammenfanden, weil sie aufgrund einer komplementären Reziprozität gegenseitig aufeinander angewiesen waren, war die städtische Lebensart eine Absage an das alte Ideal einer individuellen oder familialen Autarkie. Noch war aber die Arbeitsteilung nicht (im Gegensatz zur Neuzeit) eine gesellschaftliche Institution, die die geleistete Arbeit insgesamt möglichst effizient und produktiv machen sollte, sondern schlicht eine Notwendigkeit, die im Wesen des Menschen begründet ist. Damit war gemeint, dass es eine Überbrückung zwischen einer Vielfalt von Bedürfnissen einerseits und einer Begrenztheit individueller Fähigkeiten andererseits braucht.46
Siehe Vernant 1973, 259, 262.
Die Arbeitsteilung hatte nach der damaligen Vorstellung auch durchaus etwas Natürliches an sich, weil sie optimalen Gebrauch von angeborenen Fähigkeiten machen konnte; speziell wurde dies auch für das Geschlechterverhältnis so gesehen. So veranlasste der biologisch fundierte Gegensatz von Mann und Frau Xenophon zur Aussage:
Seit dem Beginn hat die Gottheit das Wesen der Frau für die Haushaltsarbeit und das des Mannes für die Arbeit ausserhalb des Hauses geschaffen.47
Vernant 1973, 263-264.
Die politische Konsequenz dieser Auffassung war der weitgehende Ausschluss der Frauen vom gesellschaftlichen Leben. Andererseits hing das ökonomische Überleben von minderbemittelten Familien oft in ausgeprägtem Masse von der Haus- und Heimarbeit der Frauen, insbesondere von deren Spinnen und Weben ab (vgl. Abb.3). Diese Situation war ein wiederkehrendes Thema in den Komödien des athenischen Dichters Aristophanes (ca. 445 bis ca. 338 v.u.Z., seine Lebensdaten sind ungewiss), für das sich auch die allein zum Theater zugelassenen Männer stark interessierten. In der Komödie “Lysistrata” (411 v.u.Z.) erzählt die Frau dieses Namens, dass ihr Mann, als sie sich bei ihm nach den Beschlüssen der Volksversammlung erkundigte, dies als anmassende Einmischung in reine Männersachen empfand und mit der Antwort quittierte: “Wenn du nicht ruhig bei deinem Webstuhl bleibst, dann setze ich dir deinen störrischen Kopf zurecht!”48
Nach Ebert u.a. 1984, 53-54. Bekannt ist im übrigen die in dieser Komödie geschilderte Geschichte, wonach die Lysistrata (ihr Name bedeutet “Heerlöserin”) die Frauen aller Griechen organisierte, um in einem gemeinsamen totalen Ehestreik die Männer, die gerne weiter Krieg geführt hätten, zum Frieden zu zwingen (vgl. Klaus Bartels und Ludwig Huber 1991, 312).
Abbildung 3: Frauen beim Spinnen (oben) und Weben (unten). Schwarzfiguriges Vasenbild des Amasis-Malers (eines attischen Vasenmalers), entstanden um 540 v.u.Z. (aus Ebert u.a. 1984, 43)
Abbildung 3: Frauen beim Spinnen (oben) und Weben (unten). Schwarzfiguriges Vasenbild des Amasis-Malers (eines attischen Vasenmalers), entstanden um 540 v.u.Z. (aus Ebert u.a. 1984, 43)
2.2.3 Sklavenarbeit
2.2.4 Die Geringschätzung der manuellen Arbeit
2.3 Arbeit in den politischen Feudalgesellschaften des Mittelalters
2.3.1 Die Leibeigenschaft
2.3.2 Die bäuerliche Arbeit
2.3.3 Handwerkliche Arbeit und Zunftwesen
2.3.4 Die Rehabilitierung der Handarbeit
2.4 Arbeit im Industriekapitalismus der neuzeitlichen ökonomischen Gesellschaft
2.4.1 Transformation der Landwirtschaft und Heimindustrie
2.4.2 Fabrikarbeit
2.4.3 Arbeit als Ware
2.4.4 Arbeit als Quelle menschlicher Entfremdung
2.4.5 Taylorismus und Fordismus
2.4.6 Arbeitsmoral versus Berufsethik
3. Arten der Beziehung zum Boden
3.1 Archaische Gruppen als Teil des Landes, auf dem sie leben
3.2 Boden als Eigentum und als Ware: Politische und ökonomische Gesellschaften
4 Kaurischnecken, Geld und Kapital
4.1 Primitive Währung archaischer Art
4.2 Münzen und ihre politische Bedeutung in der Antike
4.3 Fegefeuer, Zins und Kredit im politischen Kontext des Mittelalters
4.4 Koloniale Ausbeutung, Kapitalakkumulation und Kommerzialisierung in der Neuzeit
5 Formen des Tausches: Von der Reziprozität zum Markt
5.1 Reziprozität bei vorpolitischen Gesellschaften
5.2 Redistribution in politischen Gesellschaften
5.3 Handel in den politischen Gesellschaften der Antike und des Mittelalters
5.3.1 Ökonomik versus Chrematistik
5.3.2 Märkte und Messen
5.3.3 Die Kaufleute
5.3.4 Gerechte Preise
5.4 Vom Merkantilismus zum Industriekapitalismus: Der Weg zur neuzeitlichen Marktwirtschaft
5.4.1 Der Merkantilismus und der Binnenmarkt
5.4.2 Vom Kolonialismus zum Industriekapitalismus
6 Zur ökonomischen Standardtheorie
6.1 Einige dogmengeschichtliche Hintergründe
6.2 Einige grundlegende Elemente der Theorie
7 Die Berücksichtigung der natürlichen Umwelt
7.1 Umweltökonomie
7.1.1 Der wohlfahrtsökonomische Ansatz
7.1.2 Der eigentumsrechtliche Ansatz
7.2 Ökologische Ökonomie
7.2.1 Das Konzept der Energie-Verkörperung von Gonzague Pillet
7.2.2 Das Konzept des Naturkapitals von Herman E. Daly
8 Die kulturelle Einbettung der Ökonomie
8.1 Eine Typologie wirtschaftsethischer Denkmuster (Ulrich Thielemann)
8.2 Das Konzept einer kulturellen Ökonomie (Joachim Schütz)
9 Die Globalisierung: Chance oder Risiko? Ein fiktives Gespräch
Zitierte Literatur