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Ökonomisches

Ökonomisches

1. Begriffliches
1.1 Zum Begriff der Ökonomie
1.2 Zum Begriff der Arbeit
1.3 Zum Begriff des Kapitals
2. Formen der Arbeit
2.1 "Arbeit" in archaischen Wildbeutergesellschaften
2.2 Arbeit in den politischen Sklavenhalter-Gesellschaften der Antike
2.2.1 Landwirtschaftliche Arbeit als kultische Handlung
Als Beispiel betrachten wir die Situation im alten Griechenland. Mit Hilfe der Epen Homers (um 800 v.u.Z.) lässt sich der damalige Zustand der Gesellschaft rekonstruieren. Zum Lebensunterhalt dienen der Ackerbau inkl. Obstbau (vor allem Gerste, Weizen und Klee, daneben auch Hirse, Flachs, Gemüse, Wein, Äpfel, Birnen, Feigen und Oliven), die Viehzucht (Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine, Pferde und Maulesel), die als Weidewirtschaft betrieben wird, Fleisch, Milch, Käse, Leder und Wolle liefert und Arbeitstiere zur Verfügung stellt, und allenfalls auch der Fischfang. Die urgemeinschaftlichen Verhältnisse sind im Zerfall begriffen und werden allmählich durch eine Klassengesellschaft ersetzt, in der ein Geburtsadel mit wachsendem Grossgrundbesitz sich über das gemeine Volk aufschwingt, das sich unterordnen muss.36
Am Rande sei hier erwähnt, dass, ähnlich wie im alten Rom (vgl. 2.5 in "Politisches", auch in Griechenland eine Entwicklung von politischen Strukturen stattfand, die sich allmählich immer mehr von verwandtschaftlichen Zusammenhängen loslöste. So führte Solon in Athen 594 v.u.Z. eine Reform durch, die die Bürgerschaft neu nach dem Grundbesitz in vier Vermögensklassen einteilte, was also bedeutete, dass sich politische Rechte und Pflichten fortan nach dem Besitzstand definierten. Der Adel behielt allerdings noch eine Zeitlang einen beträchtlichen Einfluss, bis dessen Macht durch die Reform des Kleisthenes (ca. 506 v.u.Z.) gebrochen wurde: An die Stelle der Stammesgliederung trat nun eine territoriale Unterteilung des Staatsgebietes mit einer entsprechenden Zusammensetzung der Ratsversammlung (nach Joachim Ebert u.a. 1984, 33).
Die Herrenschicht vergrössert ihren Besitz an Land, Vieh und auch Sklaven durch Raubkriege. Zu den gemeinen Freien gehören Bauern, Handwerker und Tagelöhner, die oft in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Grossgrundbesitzern stehen. Z.B. sind kleinere Bauern auf Hilfeleistungen angewiesen, wofür sie einen grösseren Teil ihres Mehrproduktes abliefern müssen. Auch ist nach altorientalischem Vorbild (vgl. 5.1.2 in “Soziales i.e.S.”) die Institution von Schuldsklaverei bekannt.37
Siehe Ebert u.a. 1984, 14-16, 20-22, 33.
Die Zahl der Sklaven ist aber insgesamt noch gering; ihr hauptsächliches Arbeitsfeld ist die Hauswirtschaft. Sie erhalten als “Lohn” nur gerade das, was sie zur Erhaltung ihrer Arbeitskraft benötigen: Nahrung, Kleidung und Unterkunft. Sie führen aber oft noch ein gemeinschaftliches Leben mit dem Hausherrn. Umgekehrt hat dieser immer noch eine relativ enge Beziehung zur produktiven Arbeit: Zusammen mit Frau und Kindern beteiligt er sich an den landwirtschaftlichen und häuslichen Arbeiten, wobei diese Mitarbeit an sich schon nicht mehr nötig ist und schon fast eher einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung gleicht.38
Vgl. Ebert u.a. 1984, 15-17.
Um die 100 Jahre später (um 700 v.u.Z.) haben wir weitere Informationen aus den Schriften des Dichters Hesiod. Noch hat sich seit den Zeiten Homers nicht allzu viel geändert, ausser dass der Privatbesitz weiter zugenommen hat und die Grossgrundbesitzer immer weniger Grund sehen, bei der Arbeit selbst Hand anzulegen. Auf alle Fälle aber ist die Perspektive der Berichterstattung eine andere: Während Homer der Adelsklasse nahestand, war Hesiod ein kleiner Bauer, der um seine Existenz ringen musste und entsprechend auch die Ausbeutungspraktiken der Herrenschicht anprangerte.39
Nach Ebert u.a. 1984, 25-26, 30.
Was aber bei ihm vor allem aufschlussreich ist: Die Art und Weise wie er die Qualität der bäuerlichen Arbeit schildert, eine Charakterisierung, die dann in ganz ähnlicher Form viel später auch noch bei Xenophon (ca. 430 bis ca. 354 v.u.Z.) vorkommt. Danach sind die in der Landwirtschaft tätigen Menschen Teilnehmende an einer höheren natürlichen und göttlichen Ordnung, ihre Arbeit kann die Form einer religiösen Erfahrung annehmen. Der Mensch spürt seine Abhängigkeit von den göttlichen Mächten: sein Tun kann nur erfolgreich werden, wenn er ihre Hilfe bekommt, und so wird die Bearbeitung des Bodens zu einer Art Kult. Die landwirtschaftliche Tätigkeit hat noch nicht den Charakter einer Produktion mit ihren technischen und ökonomischen Aspekten; diese treten völlig in den Hintergrund, womit der Ertrag eher Nebenprodukt als Hauptzweck des Tuns ist. Natürlich müssen die Menschen davon leben, aber sie sehen sich dabei in einer Austauschbeziehung mit der Natur und den Göttern, Autarkie ist ihr Ideal und nicht eine Produktion für irgendeinen Markt. Es handelt sich also nicht um die Ausübung eines zweckdienlichen Berufs, sondern recht eigentlich um eine tugendhafte Lebensführung, die eher die Merkmale einer Praxis als einer Poiesis hat (vgl. 1.2).40
Vgl. Jean-Pierre Vernant 1973, 249-250, 254-256.
2.2.2 Die mehr oder weniger natürliche Arbeitsteilung: Handwerk und Frauenarbeit
2.2.3 Sklavenarbeit
2.2.4 Die Geringschätzung der manuellen Arbeit
2.3 Arbeit in den politischen Feudalgesellschaften des Mittelalters
2.3.1 Die Leibeigenschaft
2.3.2 Die bäuerliche Arbeit
2.3.3 Handwerkliche Arbeit und Zunftwesen
2.3.4 Die Rehabilitierung der Handarbeit
2.4 Arbeit im Industriekapitalismus der neuzeitlichen ökonomischen Gesellschaft
2.4.1 Transformation der Landwirtschaft und Heimindustrie
2.4.2 Fabrikarbeit
2.4.3 Arbeit als Ware
2.4.4 Arbeit als Quelle menschlicher Entfremdung
2.4.5 Taylorismus und Fordismus
2.4.6 Arbeitsmoral versus Berufsethik
3. Arten der Beziehung zum Boden
3.1 Archaische Gruppen als Teil des Landes, auf dem sie leben
3.2 Boden als Eigentum und als Ware: Politische und ökonomische Gesellschaften
4 Kaurischnecken, Geld und Kapital
4.1 Primitive Währung archaischer Art
4.2 Münzen und ihre politische Bedeutung in der Antike
4.3 Fegefeuer, Zins und Kredit im politischen Kontext des Mittelalters
4.4 Koloniale Ausbeutung, Kapitalakkumulation und Kommerzialisierung in der Neuzeit
5 Formen des Tausches: Von der Reziprozität zum Markt
5.1 Reziprozität bei vorpolitischen Gesellschaften
5.2 Redistribution in politischen Gesellschaften
5.3 Handel in den politischen Gesellschaften der Antike und des Mittelalters
5.3.1 Ökonomik versus Chrematistik
5.3.2 Märkte und Messen
5.3.3 Die Kaufleute
5.3.4 Gerechte Preise
5.4 Vom Merkantilismus zum Industriekapitalismus: Der Weg zur neuzeitlichen Marktwirtschaft
5.4.1 Der Merkantilismus und der Binnenmarkt
5.4.2 Vom Kolonialismus zum Industriekapitalismus
6 Zur ökonomischen Standardtheorie
6.1 Einige dogmengeschichtliche Hintergründe
6.2 Einige grundlegende Elemente der Theorie
7 Die Berücksichtigung der natürlichen Umwelt
7.1 Umweltökonomie
7.1.1 Der wohlfahrtsökonomische Ansatz
7.1.2 Der eigentumsrechtliche Ansatz
7.2 Ökologische Ökonomie
7.2.1 Das Konzept der Energie-Verkörperung von Gonzague Pillet
7.2.2 Das Konzept des Naturkapitals von Herman E. Daly
8 Die kulturelle Einbettung der Ökonomie
8.1 Eine Typologie wirtschaftsethischer Denkmuster (Ulrich Thielemann)
8.2 Das Konzept einer kulturellen Ökonomie (Joachim Schütz)
9 Die Globalisierung: Chance oder Risiko? Ein fiktives Gespräch
Zitierte Literatur