Dass die buddhistische Lehre hinsichtlich der zwei erwähnten Forderungen an einen Bewusstseinswandel mit einem relationalen Weltbild in Verbindung gebracht werden kann, ist
offensichtlich.217Fromm erwähnt, wie dies von Suzuki einmal folgendermassen illustriert wurde: "Wenn man in einen vollkommen dunklen Raum eine Kerze bringt, verschwindet die Finsternis, und es gibt Licht. Wenn aber noch zehn oder hundert oder tausend Kerzen hinzugefügt werden, wird der Raum immer heller werden. Und doch wurde die entscheidende Änderung durch die erste Kerze bewirkt, die die Dunkelheit durchdrang" (Fromm 1971, 176).
Sie postuliert ja die Gleichzeitigkeit einer Welt der undifferenzierten Ganzheit (die Leere) und einer Welt des Reichtums der einzelnen Dinge (die Fülle). Schwieriger ist zu sehen, dass sie auch dem zweiten Punkt, der Respektierung der evolutionären Bewusstseinshierarchie, Genüge tun kann. Hier scheint ein Widerspruch zu bestehen, indem ja die buddhistische Auffassung von den zwei gerade genannten Welten oder Ebenen keine zwischenständige Hierarchie zulässt. Nach einem Vorschlag von Sigmund Kvaloy lässt sich das Problem auf fruchtbare Weise lösen, wenn wir eine Verbindung mit der organischen Systemtheorie des Westens
anstreben.218Dies findet seinen Ausdruck bei Fromm vor allem in seiner Arbeit "Psychoanalyse und Zen-Buddhismus" (1971), bei Gebser in seinem Buch "Asien lächelt anders" (1968).
Bei ihr ist das dazwischen voll mit vielen verschiedenen hierarchischen Niveaus. Entsprechend kann man sich vorstellen, dass der Weg von Samsara zu Nirvana stufenweise zurückgelegt werden
kann.219Gebser 1949, 69 bzw. 156.
Dabei ist es weniger wichtig, das Ziel wirklich zu erreichen, als vielmehr überhaupt den ersten Schritt zur Bewusstseinserweiterung zu
tun.220Zur Bhagavad Gita siehe Lexikon der östlichen Weisheitslehren 1986, 35.
Weiter kann dann auch augenfällig werden, dass wir nicht zwischen den beiden Auffassungen eines Ichs und einer Ich-Losigkeit entscheiden müssen, sondern auch hier die Möglichkeit zwischenliegender Stufen erkennen können. Wesentlich ist wiederum, dass wir überhaupt damit beginnen, unsere Ego-Grenzen zu überschreiten. Infolge solcher Verständnisschwierigkeiten erachte ich den folgenden Versuch als nützlich, Verbindungsmöglichkeiten zu einigen westlichen gedanklichen Ansätzen, die den Bewusstseinswandel betreffen und ihn in weniger absoluter oder extremer Form beschreiben, aufzuzeigen. Ich werde dabei nicht im einzelnen explizit auf die Parallelen zur buddhistischen Lehre hinweisen; die gemachten Aussagen sprechen für sich selbst.