www.humanecology.ch · Skripten 1998/99 · Politisches

4.1.2 Die Redistributions-Hypothese von Elman R. Service

Nach den kulturmaterialistischen Vorstellungen von Service entstehen politische Strukturen mit einer zentralen Instanz dann, wenn die räumlich verteilten Teile einer Gesellschaft bezüglich der Möglichkeiten der Nahrungsmittelproduktion unterschiedlich günstige ökologische Bedingungen vorfinden, so dass eine Umverteilung notwendig wird, ein Zusammenhang, den er als sog. Redistributions-Hypothese formuliert.150 Die Umverteilung läuft zunächst über einen '"grossen Mann" (vgl. 2.3) oder über einen Häuptling, der mit seinen Angehörigen oder seinem Gefolge für einen Ausgleich zwischen den verschieden spezialisierten Gruppen sorgt. Zu einer Klassengesellschaft kommt es dann, wenn die Gruppe, die die Verteilung besorgt, das damit verbundene Prestige in einen permanenten politischen Vorteil umsetzen kann. Timothy K. Earle hält dieser Auffassung entgegen, dass ein Umverteilungs-System weniger mit der geographisch ungleichen Verteilung von Ressourcen, sondern vielmehr mit sozialen, speziell zeremoniellen Angelegenheiten zu tun hat. Sofern dabei verschiedene Häuptlinge in Konkurrenz zueinander stehen, können sich Statusrivalität und Prestige-Ökonomie entwickeln, so wie dies in 3.4 für Hawaii auch beschrieben worden ist. Die Einrichtung der Redistribution wäre dabei weniger eine Ursache als eher eine Folge des politischen Systems, in dem sie die Funktion einer Steuer der Finanzierung der Elite hat.151

Anmerkungen

150
Siehe Service 1977; vgl. auch mit Zusammenfassung in Dürrenberger 1989, 120.
151
Zur Kritik an den Auffassungen von Service siehe Timothy K. Earle 1977; vgl. auch Bargatzki 1986, 131 ff. und Dürrenberger 1989, 120.