Um 1100 bis 1000 v.u.Z. wanderten in verschiedenen Schüben aus dem östlichen Balkan, dem Donauraum und Illyrien die Italiker auf die Apenninen-Halbinsel ein. Sie waren viehzüchtende Nomaden indoeuropäischer Abstammung und hatten noch eine halbwegs matrizentrische Sozialorganisation, die sich auf dem Übergang zu patriarchalen Strukturen befand. Um 900 v.u.Z. folgten nicht-indoeuropäische Stämme aus der Ägäis und Kleinasien, die Etrusker, die noch eine eindeutig matrilineare Sippenordnung besassen.21 Nach der Legende fand die Gründung der Stadt Rom 750 v.u.Z. durch drei italische Stämme statt, wobei in einem von ihnen auch ein starkes etruskisches Element vertreten war. Jeder Stamm (tribus22) bestand aus 10 Bruderschaften (curiae), jede Bruderschaft aus 10 Sippen (gentes). Somit kamen 300 Sippen zusammen, um ein Bündnis zu bilden, das sich “Römisches Volk” (populus romanus) nannte.23 Wie weit diese Sippen noch eine matrilineare Erbfolge kannten, ist umstritten; verschiedene Anzeichen deuten darauf hin, dass Spuren einer matrizentrischen Vergangenheit mindestens noch vorhanden waren. Ab etwa 616 v.u.Z. stellten die etruskischen Tarquinier die ersten Könige, die noch bis zur Gründung der Republik (570 v.u.Z.) in matrilinearer Folge gekrönt wurden. Danach aber wurden die Etrusker von der römischen Kriegerzivilisation absorbiert und bis in die geschichtliche Zeit Roms hatte sich dann die patrilineare Organisation durchgesetzt.24 Dass sich diese Zivilisation in der Folge immer wieder in kriegerische Auseinandersetzungen mit noch matrizentrisch organisierten Völkern einliess (bestbekanntes Beispiel die Punischen Kriege gegen Karthago, 264 bis 146 v.u.Z.) dürfte sich entscheidend für die schlussendlich extreme Form des römischen Patriarchats ausgewirkt haben.25