Alle ersten Ehen werden von den Eltern arrangiert und zwar beginnen sie kurz nach der Geburt eines Kindes nach einem zukünftigen Ehepartner bzw. -partnerin Ausschau zu halten. Bis die Kinder dann das heiratsfähige Alter - Mädchen heiraten normalerweise im Alter von 12-16, Knaben im Alter von 18-25 Jahren - erreicht haben, tauschen die betreffenden Familien regelmässig Geschenke aus. Ein junger Mann sollte ein guter Jäger und nicht streitsüchtig sein. Damit seine Schwiegereltern überprüfen können, ob er diese gewünschten Eigenschaften mitbringt, ist es üblich, dass er nach der Heirat eine Zeitlang mit der Familie seiner Frau lebt. Erst wenn schon mehrere Kinder geboren worden sind, darf er, wenn er will, mit seiner Familie zu seinen eigenen Leuten zurückkehren. Die jungen Leute werden also, was die Wahl des Partners bzw. der Partnerin betrifft, im Prinzip vor vollendete Tatsachen gestellt. Auswege sind aber möglich. Wenn z.B. ein Mädchen lange genug heftig gegen die Ehe mit einem ihm nicht genehmen Mann protestiert, mag der Plan von den Eltern begraben werden. Andere mögen das Ganze als einen Versuch betrachten, der bei einem Misserfolg rückgängig gemacht werden kann. Tatsächlich gehen rund die Hälfte aller ersten Ehen in die Brüche, wobei meist die Frauen die Inititative für eine Scheidung ergreifen. Geschiedene Eheleute behalten meist eine freundschaftliche Beziehung zueinander bei. Es ist aber auch möglich, dass eine Ehe über Jahrzehnte andauert und Frau und Mann dabei eine tiefgehende Zuneigung zueinander entwickeln. Die weitaus meisten Ehen sind übrigens Einehen, obschon polygame Verbindungen sowohl der polygynen wie auch der polyandrischen Art an sich erlaubt wären- aber die Frauen sind gewöhnlich negativ dazu eingestellt.50
In der !Kung-Gesellschaft gibt es praktisch kein Eigentum, über das ein Streit ausbrechen könnte. In dieser Situation sind vor allem Sexualität und Ehepartnerwahl Quellen von sozialen Konflikten. Gewaltakte entstehen üblicherweise aus einem Streit zwischen Männern über eine Frau. Aber dies sind Ausnahmen, das Leben der !Kung spielt sich im grossen Ganzen in einem friedlichen und harmonischen Rahmen ab. Eine Eheschliessung ist auch immer eines der hauptsächlichen Mittel zur Sicherung von sozialer Solidarität zwischen Gruppen, indem zwischen ihnen damit ein enges Band geschmiedet wird. Verschwägert man sich mit Leuten von verschiedenen Wasserlöchern, hat man die Gewähr, nie Hunger leiden zu müssen.51
Die !Kung haben gegenüber Sex eine natürliche und unkomplizierte Haltung, was auch den Kindern vermittelt wird. Diese kommen schon in frühem Alter mit Sexualverhalten in Berührung, schlafen sie doch unter der gleichen Decke wie die Eltern. Auch sind sexuelle Spiele ein normaler Teil der Kindheit. Aussereheliche Affären sind nicht die Regel, aber sie kommen in einer beachtlichen Minderheit von Fällen vor und können sich auf den Mann oder die Frau beziehen, es gibt hier keine Doppelmoral. Allerdings wickeln sich solche Seitensprünge diskret ab, um nach Möglichkeit einer Entdeckung durch den Ehepartner bzw. -partnerin zu entgehen und Streitereien zu vermeiden.52 Alles in allem:
... we see a picture of relative equality between the sexes, with no one having the upper hand. There is no support in the !Kung data for a view of women in the ‘state of nature’ as oppressed or dominated by men or as subject to sexual exploitation at the hands of males.53