Klassischer Kulturevolutionismus Zeitepoche: Zweite Hälfte des 19.Jahrhunderts. Repräsentative Figur und Publikation: Lewis H. Morgan: "Ancient Society" (1877). Hauptthese: Es gibt universelle Strukturen, die eine psychische Einheit der Menschheit bewirken und zur Folge haben, dass deren Kulturen sich überall parallel in festgelegter Reihenfolge durch gewisse Stadien hindurch entwickeln. |
Klassischer Naturdeterminismus Zeitepoche: Jahrhundertwende. Repräsentative Figur und Publikation: Friedrich Ratzel: "Anthropogeographie", 1.Band (1882). Hauptthese: In Anlehnung an die Darwinsche Interpretation der biologischen Evolution wird auch das Leben des Menschen als naturgesetzlich bestimmt angesehen. In unterschiedlichen Habitats sind deshalb unterschiedliche Kulturen anzutreffen. |
Possibilismus und historischer Partikularismus Zeitepoche: Erste Jahrzehnte des 20.Jahrhunderts. Repräsentative Figur und Publikation: Franz Boas: "The Mind of Primitive Man" (1911). Hauptthese: Es gibt nur im negativen Sinne einen Umwelteinfluss, d.h. nur die regionale Absenz von anderswo sonst möglichen kulturellen Merkmalen ist allenfalls umweltbedingt. Ansonsten lässt eine bestimmte Umwelt immer verschiedene Alternativen von Kultur zu. Die Präsenz von kulturellen Merkmalen kann deshalb nur aus der kulturellen Entwicklung selbst, d.h. historisch erklärt werden. |
Klassische Kulturökologie Zeitepoche: Ca. 1930-1960. Repräsentative Figur und Publikation: Julian Steward: "Theory of Culture Change" (1955). Hauptthese: Es gibt eine materialistisch interpretierbare Bestimmtheit menschlicher Kulturen, mindestens des Teils (des sog. Kulturkerns), der mit Technologie, wirtschaftlichen Arrangements, sozialer Organisation und Demographie zu tun hat. Andere Bereiche einer Kultur können das Resultat von autonomen Prozessen der kulturellen Geschichte sein. |
Systemökologie Zeitepoche: Jahrzehnte nach dem 2.Weltkrieg. Repräsentative Figur und Publikation: Roy A. Rappaport: "Ecology, Meaning and Religion" (1979). Hauptthese: In qualitativer Anwendung systemtheoretischer Ideen ist eine menschliche Gesellschaft beschreibbar als eine regulative Hierarchie, die aus verschiedenen Ebenen von Subsystemen besteht, wobei jedes Subsystem von einer übergeordneten Kontrollinstanz reguliert wird. Diese Struktur hat die Fähigkeit, sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen, wobei auch Verschiebungen in der Hierarchie auftreten können. |
Kulturmaterialismus Zeitepoche: Seit ca. 1960. Repräsentative Figur und Publikation: Marvin Harris: "Cultural Materialism" (1980). Hauptthese: Eine Kultur lässt sich dreiteilig beschreiben durch die Infrastruktur (Erscheinungen, die mit Produktion und Reproduktion zu tun haben), die Struktur (Ausprägungen der sozialen Organisation) und die Superstruktur (übergeordnete kulturelle Regeln i.e.S. und künstlerische Ausdrucksweisen). Die Infrastruktur hat eine kausale Wirkung auf die übrigen Komponenten, wobei allerdings Rückkopplungseffekte nicht ausgeschlossen sind |