Natürlich hat die wissenschaftliche Disziplin der Ökologie die Vorstellung, dass sie die reale Ökologie beschreibt und erklärt. Abgesehen davon, dass dies aber immer einer Abstraktion gleichkommt und damit mehr oder weniger adäquat ist, ist das Motiv für die wissenschaftliche Ökologie zunächst einmal einfach ein Erkenntnisinteresse. Dem allgemeinen Charakter der neuzeitlichen Wissenschaft entsprechend, ist dieses aber nicht neutraler Art (Erkenntnis um der Erkenntnis willen), sondern lebt von Beginn weg auch von den Antrieben, “die sich bei der explosiven Ausdehnung der menschlichen Interessen an der Nutzung natürlicher und künstlicher Ökosysteme
ergaben.”5Müller 1984: 17.
Demgegenüber hat sich aus der Tatsache der heutigen Umweltprobleme (die nicht zuletzt ja auch die Folge einer übermässigen Ressourcennutzung des Menschen sind) ein öffentliches Interesse an Ökologie ergeben, und damit hat der Begriff auch ins Alltagsvokabular Eingang gefunden. “ ‘Ökologie’ steht nicht nur für eine Wissenschaft, sondern auch für einen ganzen Komplex von Werthaltungen, steht für eine Weltanschauung und ein
Lebensgefühl.”6Ludwig Trepl 1994: 12.
Hier gilt dann die Sorge der Erhaltung eines Zustandes der realen Ökologie, der auch eine Unversehrtheit unserer eigenen Lebensgrundlagen gewährleistet, und diese Sorge hat sich ja schon in vielfältiger Form in der Umweltschutzpolitik (neuerdings: Politik der nachhaltigen Entwicklung), vor allem aber auch in der Umweltbewegungsszene niedergeschlagen. Normalerweise von bestimmten wissenschaftlichen Erkenntnissen ausgehend, findet diese Bewegung dann eine Fortsetzung in irgendwelchen politischen Aktionen. Im französischen Sprachgebrauch gibt es dazu die Unterscheidung von “écologues” (die WissenschaftlerInnen) und “écologistes” (die Umweltaktivisten). Als Folge dieser Popularisierung der Ökologie wird das Wort “ökologisch” häufig im allgemeinen Sinne von “allseitig vernetzt” oder ähnlich verwendet. Z.B. sagt Denis de Rougemont: “Ich verstehe diesen Begriff [Ökologie] ... in seinem weitesten Sinne als System des Austauschs und der Interaktion zwischen Natur, Stadt,
Personen.”7Denis de Rougemont 1980: 296.
Mit der Erwähnung von Menschen in dieser Beschreibung ist aber eigentlich bereits von Humanökologie die Rede.