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Buddhismus

Natur und Umwelt im Buddhismus

Dieter Steiner
Handout bei einer Gastvorlesung im Kurs "Umweltwissenschaften IV: Umweltwahrnehmung" von Wolfgang Zierhofer an der Universität Basel am 27.Mai 2003
1. Die Krise und der Primat des Bewusstseins
2. Der Buddhismus als Rettungsanker?
3. Die menschliche Bewusstseinsstruktur
4. Die Evolution des Bewusstseins
5. Westliche versus östliche Mentalität
6. Kern der buddhistischen Weltsicht
7. Die „innere Technik" der Meditation
8. Die Zähmung des Intellekts
9. Weisheit und Mitgefühl
Der Buddhismus predigt nicht eine Weltflucht, trotz seiner Diagnose der Leidhaftigkeit des Daseins. Im Gegenteil: Wer die Erleuchtungserfahrung gemacht und sich von Anhaftungen befreit oder mindestens auf dem Weg dahin Fortschritte gemacht hat, ist in der Lage, selbst ein freudigeres und glücklicheres Leben zu führen und auch seinen Mitmenschen zu helfen, einen ähnlichen Weg einzuschlagen. Denn alle Menschen haben Buddha-Natur, d.h. sie sind potentielle Buddhas. Sie müssen nur den Zugang zum wahren Wesen der Welt finden. Aber auch allen übrigen Lebewesen, Tieren und Pflanzen, kommt Buddha-Natur und damit ein Potential zu einem erwachten Dasein zu; als empfindsame Wesen können sie so wie wir Freud und Leid erfahren und verdienen so unseren Respekt und unsere Zuneigung. In einer seiner Lehrreden sagte denn auch der historische Buddha: „Ach, möchten alle Wesen glücklich sein, voll Frieden, im Herzen ganz von innerem Glück erfüllt." Im Zen-Buddhismus wird darüber hinaus auch den Erscheinungen der anorganischen Welt Buddha-Natur zugeschrieben. Vom japanischen Zen-Meister Dögen Zenji (1200-1253) stammt die Aussage: „Die Berglandschaft und der Klang der Ströme, alles ist die Gestalt und die Stimme von Shakyamuni Buddha." (Gerlitz 1998, Litsch 2000, Meier 1987)
Die Einsicht in das wahre Wesen der Welt, die Shunyata-Erfahrung der Leere, verstanden als Bedingtheit aller Dinge, resultiert in Prajna (Sanskrit: Weisheit). Damit ist die Erkenntnis verbunden, dass alle Wesen miteinander verwandt und in wechselseitiger Verbundenheit aufeinander angewiesen sind. Der vietnamesische Zen-Mönch Thich Nhat Hanh hat dafür den Begriff des „Interseins" geprägt. Nach der Wiedergeburts-Vorstellung ist es ja auch möglich, dass Vorfahren von mir als Tiere oder Pflanzen wieder auftauchen. Damit aber wird auch deutlich, dass das eigene Seelenheil ohne einen Einsatz für das Heil allen übrigen Lebens nicht erlangt werden kann. Schaden wir anderen Lebewesen, schaden wir dem Leben insgesamt und damit auch uns selbst. Ohne Frieden zwischen Mensch und Mitwelt kann es keinen Frieden unter Menschen geben. Mit Prajna ist somit automatisch Karuna (Sanskrit: Erbarmen, tätiges Mitgefühl, zärtliche Zuneigung) verbunden. Mit anderen Worten, die buddhistische Ethik ist eine natürliche Ethik, eine, die sich direkt aus der Natur des Menschseins ableitet und nicht auf Geboten irgendeiner Autorität beruht. Als einer ihrer zentralen Grundsätze gilt das als Ahimsa (Sanskrit, wörtlich: Nicht-Verletzen) bekannte Prinzip, das Gewaltlosigkeit gegenüber allem Leben fordert. Interessant ist, dass Prajna, ähnlich wie Sophia im Lateinischen, mit Weiblichkeit assoziiert wird. (Becker 1986, Gerlitz 1998, Govinda 1966, Regenstein 1991, Thich Nhat Hanh 1992, 1999c)
10. Praktische Auswirkungen hinsichtlich Natur und Umwelt
Literatur A: Ost und West: Gegensätze, Parallelen, Kontakte
Literatur B: Zum Buddhismus allgemein
Literatur C: Buddhismus und Natur, Ökologie, Umwelt
Literatur D: Buddhismus und Gesellschaft