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4. Der evolutionäre Aspekt

Die Philosophie differenzierte sich, wie erwähnt, einst aus der Religion heraus und später emanzipierte sich die Wissenschaft von der Philosophie. Wir haben es deshalb mit einer evolutionären Sequenz zu tun: Lebenswelt (Religion) - Philosophie - Wissenschaft. Auf die Bedeutung einer solchen Sequenz kommen wir in diesem Abschnitt zu sprechen. Aus der Argumentation werden wir für den vorliegenden Fall die Forderung entnehmen können, daß die Wissenschaft bis zu einem gewissen Grad in einem philosophischen Hintergrund eingebettet bleiben und die Philosophie ihrerseits ihre religiösen Wurzeln erkennen und anerkennen sollte.
In diesem Abschnitt soll aber die Bedeutung einer evolutionären Perspektive für eine allgemeine Humanökologie generell zur Sprache kommen. Zu diesem Zweck machen wir von der metaphorischen Figur der “humanökologischen Zwiebel” (siehe Figur 3) Gebrauch, die unserer Diskussion eine bestimmte Struktur verleiht. Die evolutionäre Perspektive hat einen Bezug zu dem, was im vorigen Abschnitt über eine neue Philosophie des Lebens bzw. der Evolution gesagt worden ist. Natürlich ist es richtig, daß der Ausgangspunkt für eine solche Perspektive in der heutigen wissenschaftlichen Kenntnis über die Evolution liegt, aber was wir von ihr lernen können, geht über die einfache Vermittlung von trockener Information hinaus. Beispielsweise bringt uns die Evolutionstheorie nahe, daß alles Leben, den Menschen eingeschlossen, eine große Familie darstellt, und dies müßte für uns mehr als nur ein bloßes Faktum sein. Während uns beim transdisziplinären Aspekt eine Horizonterweiterung im wissenschaftsinternen Bereich und beim transwissenschaftlichen Aspekt eine weitere Expansion der Perspektive zu außerwissenschaftlichen Bereichen der menschlichen Gesellschaft beschäftigt hat, geht es nun hier darum, ein Sensorium für das Ganze des Geschehens auf diesem Planeten und für eine mögliche Einordnung der Menschheitsentwicklung in dieses Geschehen zu entwickeln.
Die evolutionäre Perspektive beinhaltet eine Rekonstruktion des Ursprungs des Menschen im Hintergrund der biologischen Evolution1 und der darauffolgenden Entwicklung menschlicher Gesellschaften über verschiedene Stufen. Dabei sind natürlich vor allem auch die damit einhergehenden Veränderungen im Mensch-Natur-Verhältnis von Interesse. In einem ganz allgemeinen Sinne ist eine derartige evolutionäre Rekonstruktion deshalb wichtig, weil sie in uns ein Verständnis für die Vergangenheit und die daraus entstehende Entwicklung zur Gegenwart zu wecken vermag. Dies kann uns helfen zu sehen, wie wir in unsere gegenwärtigen Schwierigkeiten hineingeraten sind, und uns Ideen nahelegen, wie diese Schwierigkeiten allenfalls überwunden werden können. Allerdings dürfen wir nicht vergessen, daß ein Versuch der Rekonstruktion vergangener Ereignisse unausweichlich mit Interpretation und Spekulation verbunden ist, woraus sich die Frage ergibt, welchen Gegenwartsnutzen denn unsichere Aussagen über die Vergangenheit für uns überhaupt haben können. Aber Gerda Lerner betont, daß gerade auch dem Spekulativen eine wichtige Rolle zukommt: “Da wir sehr wahrscheinlich nie genau wissen werden, was tatsächlich geschehen ist, sind wir auf Spekulationen darüber angewiesen, was möglich gewesen sein könnte. ... Zu wissen, was möglich gewesen wäre, erweitert unseren Blickwinkel auf der Suche nach neuen Interpretationen. Es erlaubt uns, jenseits der Grenzen eines engen und völlig überholten begrifflichen Rahmens darüber zu spekulieren, was in der Zukunft möglich sein könnte” (1991: 60-61).2
Figur 3: Die “humanökologische Zwiebel”. Sie stellt die (biologische und kulturelle) Evolution als eine Folge von jeweils neuen Ebenen mit emergenten Phänomenen dar, die sich als rekursive Systeme organisieren (große Kreise mit Pfeilen). Es bestehen zirkulär-kausale Verbindungen zwischen den Elementen der verschiedenen Ebenen (E) und strukturelle Verbindungen zwischen den zugehörigen Strukturen (S).
Figur 3: Die “humanökologische Zwiebel”. Sie stellt die (biologische und kulturelle) Evolution als eine Folge von jeweils neuen Ebenen mit emergenten Phänomenen dar, die sich als rekursive Systeme organisieren (große Kreise mit Pfeilen). Es bestehen zirkulär-kausale Verbindungen zwischen den Elementen der verschiedenen Ebenen (E) und strukturelle Verbindungen zwischen den zugehörigen Strukturen (S).
Der Prozeß der (biologischen und kulturellen) Evolution folgt offenbar einem sich wiederholenden Muster (vgl. mit Figur 3): Wiederholt taucht ein Niveau neuer Phänomene aus einem älteren Hintergrund auf, wobei das Neue jeweils zusätzliche Freiheitsgrade erwirbt, aber andererseits für seine fortgesetzte Existenz auch vom Alten abhängig bleibt. In Figur 3 ist eine lediglich grobe Aufteilung in solche Niveaus dargestellt. Dies stimmt besonders für die vormenschliche Welt, für die wir einzig zwischen unbelebten und belebten Phänomenen unterscheiden. Unser Hauptinteresse gilt der kulturellen Evolution, für die üblicherweise drei Ebenen unterschieden werden: Die archaische, die politische und die ökonomische. Archaische Phänomene beziehen sich auf die “primitive” Lebensweise von nomadisierenden Gruppen, die sich mittels Jagen und Sammeln selbstversorgen und eine soziale Organisation unterhalten, die weitgehend auf Verwandtschaftsprinzipien beruht. Ausdifferenzierte politische Phänomene entstehen mit der Emergenz von Überschuß-Produktion und -Verteilung und von hierarchischen Klassenstrukturen mit Herrschaftscharakter. Ökonomische Phänomene schließlich treten mit der Entstehung von Marktmechanismen, Unternehmertum und Lohnarbeit in den Vordergrund.3
Drei Punkte bedürfen hier einer Klärung. Erstens behaupten wir in Übereinstimmung mit unserer in Abschnitt 2 geäußerten Ablehnung des reduktionistischen Konzeptes der Soziobiologie, daß jedes neue Niveau von emergenten Phänomenen irreduzierbar ist und über ein eigenes kausales Vermögen verfügt, das auf die älteren Phänomene einwirken kann. Genauer gesagt bestehen zwischen den alten und den neuen Phänomenen Wechselwirkungen, wie dies in Figur 3 durch die kleinen Kreise, die die großen Kreise miteinander verbinden, gezeigt ist. Man betrachte als Beispiel das Verhältnis von Gehirn und Geist (in Figur 3 nicht unterschieden): Der Geist ist vermutlich für sein Bestehen von der Existenz eines Gehirns als organischer Basis abhängig, aber da er offensichtlich seinerseits das Funktionieren des Gehirns beeinflussen kann, besteht keine Einbahnstraße von Gehirn zu Geist, wie einige reduktionistisch denkenden Neurobiologen es gerne wahr haben möchten.4 Zweitens wird das Thema der rekursiven Systeme, die wir in Abschnitt 2 erwähnt haben, hier wieder aufgegriffen, denn die großen Kreise in Figur 3 stellen solche Systeme dar: Jeder dieser Kreise repräsentiert ein System, das aus Elementen (der untere Teil von Figur 3) und Strukturen (der obere Teil von Figur 3) besteht, wobei es zirkulär-kausale Verbindungen zwischen unten und oben gibt. Und drittens umfassen die aus dem Hintergrund der biologischen Evolution aufgetauchten menschlichen Gesellschaften auf jeder Stufe ihrer Entwicklung alle der bis dahin ausdifferenzierten Phänomene. Nehmen wir die gegenwärtige (westliche) ökonomische Gesellschaft als Beispiel. Ein in dieser Gesellschaft lebendes Individuum existiert zunächst einmal auf der Grundlage von abiotischen und biotischen Komponenten der Umwelt. Darüber hinaus aber steht es auch in Beziehung zu archaischen (Familie, Freundeskreis), zu politischen (Bürgerschaft, Parteien, Wahlen und Abstimmungen, Staat) und zu ökonomischen Phänomenen (Unternehmen, Beschäftigung, Konsum).5 Natürlich ist aber auch klar, daß z.B. die weiterhin existierenden archaischen Komponenten unseres Lebens im Vergleich zur Urzeit ihre Qualität geändert haben.
Die in Figur 3 graphisch skizzierte evolutionäre Perspektive kann zur Diskussion von einer Reihe von Fragestellungen eingesetzt werden, die hinsichtlich der ökologischen Krisensituation relevant sind. Zum Beispiel: Wenn es stimmt, daß jüngere Phänomene für ihr eigenes Überleben von der Weiterexistenz älterer Phänomene abhängig sind, folgt daraus, daß eine evolutionäre Sequenz immer auch einen zu berücksichtigenden hierarchischen Charakter hat. Was aber soll das im einzelnen bedeuten? Um uns hier einige Klarheit zu verschaffen, werfen wir beispielhaft einen genaueren Blick auf Probleme, die in Begriffen einer evolutionären Hierarchie besprochen werden können. So bietet etwa die Diskussion der Systemrationalitäten von John Dryzek eine entsprechende Illustration. Er verwendet ein Konzept von funktionaler Rationalität, das zunächst einmal auf menschliche Gesellschaften anwendbar ist: “To describe a human social structure as functionally rational means, first and foremost, that its organization is such as to consistently and effectively promote or produce some value” (1987: 25). Dryzek dehnt dieses Konzept aber auch auf nicht-menschliche Ökosysteme aus: “... an ecologically rational natural system is one whose low entropy is manifested in an ability to cope with stress and perturbation, so that such a structure can consistently and effectively provide itself with the good of life support” (1987: 35). Schließlich argumentiert er für das Primat der ökologischen Rationalität, weil “the preservation and enhancement of the material and ecological basis of society is necessary not only for the functioning of societal forms ..., but also for action in pursuit of any value in the long term” (1987: 58). Dryzek geht nicht auf die Möglichkeit der Etablierung einer Hierarchie innerhalb des gesellschaftlichen Bereichs ein, aber es ist klar, daß, wenn man die mit Figur 3 verknüpften Prämissen akzeptiert, eine Einbettung der ökonomischen in einer politischen und der politischen in einer "archaischen" Rationalität6 zu fordern ist. Ein entsprechendes hierarchisches Argument, wenn auch nicht explizit in einem evolutionären Zusammenhang, präsentiert Holmes Rolston (1985) inbezug auf Werte.
Umgesetzt in materielle Begriffe steht das Hierarchie-Argument in Beziehung zur viel diskutierten Frage von Grenzwerten. Mit wieviel Schadstoffen können wir z.B. die Ökosysteme der Umwelt belasten, bevor sie kollabieren? Natürlich hat niemand eine genaue Antwort. Der Witz von entsprechenden Überlegungen ist aber der folgende: Stellen wir die Frage nach einer Grenze aus dem Eindruck heraus, wir näherten uns allmählich einem Punkt, von dem aus es keine Umkehr gibt, dann sind wir diesem Punkt vermutlich schon zu nahe. Wenn wir nie ganz sicher sein können, wo wir uns endgültige Grenzen setzen müssen, dann wäre es viel besser, jederzeit eine respektvolle Distanz zur vermuteten Lage solcher Grenzen beizubehalten. In gewissen Fällen mag es uns allerdings gelingen, grobe Schätzungen zu bekommen, die als Richtlinien inbezug auf unserer Frage nach Nachhaltigkeit dienen können. Ein gutes Beispiel ist das Konzept des “ökologischen Fussabdrucks”, das von Mathis Wackernagel u.a. (1993) entwickelt worden ist. Es geht von der alten Vorstellung von Tragfähigkeit aus, stellt sie aber gewissermaßen auf den Kopf. Ursprünglich bedeutet Tragfähigkeit ja, daß wir eine Region mit ihren Naturgrundlagen betrachten und dann, unter Annahme einer bestimmten Technologie, die maximale Größe einer menschlichen Population schätzen, die auf dieser Basis langfristig in der Region leben könnte. Da wir heute infolge des intensiven internationalen Handels keine abgeschlossenen Regionen mehr haben, nimmt das Fussabdruck-Konzept die Bevölkerung der fraglichen Region, also nicht die Region selbst, als Ausgangspunkt, bestimmt ihren Verbrauch an Ressourcen und übersetzt diesen Verbrauch in benötigte Landfläche.7 Tatsächlich vermittelt dieser Ansatz einen relativ drastischen Startpunkt für eine Diskussion über nachhaltige Lebensstile auf diesem Planeten, wenn er beispielsweise zeigt, daß ein Land wie die Niederlande hinsichtlich des Ressourcenkonsums seiner Bevölkerung eine Landfläche in Anspruch nimmt, die 17 mal so groß wie das nationale Territorium ist! (siehe Wackernagel u.a. 1993: 30).
Mit der Verwendung des Konzepts einer evolutionären Hierarchie können wir auch andere aktuelle Probleme als die der Bedeutung von Grenzen ansprechen. Man sagt üblicherweise, die moderne Gesellschaft zeichne sich dadurch aus, daß sie funktional und nicht hierarchisch differenziert sei. Wenn damit gemeint ist, die Gesellschaft funktioniere so, wie es die systemtheoretische Perspektive von Niklas Luhmann (1989) sieht, dann mag damit gleichzeitig unser grundlegendes Problem von heute beschrieben sein. Nach Luhmann zerfällt ja die Gesellschaft in eine Reihe von Subsystemen wie etwa Wirtschaft, Politik, Recht und Wissenschaft, die unabhängig voneinander operieren und auch keinem übergeordneten System, das die Gesellschaft als Ganze repräsentieren würde, Rechenschaft schuldig sind. Daß aber die Subsysteme informatorisch gesehen unabhängig voneinander funktionieren, heißt noch nicht, daß sie einander nicht beeinflussen können. Tatsächlich ist es nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen, daß die aktuelle Situation noch schlimmer ist, als es das Luhmannsche Modell suggeriert: Die Entwicklung zur Moderne ist nicht nur durch die Emergenz separater ökonomischer Strukturen charakterisiert, sondern auch dadurch, daß das wirtschaftliche System eine zunehmende Dominanz erlangt hat. Wenn aber ein evolutionär jüngeres System nicht in wechselseitiger Beziehung zu den älteren Systemen steht, sondern diese großenteils beherrscht, liegt ein Fall von evolutionärer Inversion vor. Diese Inversion kommt dadurch zum Ausdruck, daß offensichtlich die Wirtschaft und das damit assoziierte Denken die moderne Form von Religion sind, eine Situation, die von Michael Polanyi und Harry Prosch als “moralische Inversion” (1975: 18), von Roy A. Rappaport als “Usurpation” (1979: 165) bezeichnet wird.
Erwähnen wir noch einen wichtigen Aspekt der evolutionären Hierarchie: Wenn altersmäßig aufeinanderfolgende Phänomene zirkulär-kausal miteinander verbunden sind, kann dies Anlaß zur Bildung von “Beziehungsfallen” (“double binds”) sein. Anthony Giddens bezieht sich auf solche Situationen unter dem Stichwort der “strukturellen Widersprüche” und gibt die folgenden Beispiele:
1.
Der menschlichen Existenz liegt ein Antagonismus von Gegensätzen zugrunde, “in dem Sinne, daß das Leben in der Natur gründet, doch nicht Natur ist und ihr entgegengesetzt ist” (1988: 248).8
2.
In frühen Staaten gibt es eine Beziehung zwischen Stadt und Land, die gleichzeitig symbiotisch und antagonistisch ist. Die Stadt stellt das Zentrum der Zivilisation mit einem neu entstehenden politischen System dar. Sie steht der archaischen Welt außerhalb der Stadt entgegen, kann aber nur existieren, wenn sie von dieser Außenwelt Ressourcen empfängt (1988: 251);
3.
“Der kapitalistische Staat als ein «vergesellschaftendes» Zentrum, das die Macht der Gemeinschaft im Ganzen repräsentiert, hängt von jenen Mechanismen der Produktion und Reproduktion ab, an deren Zustandekommen er selbst mitwirkt, die jedoch von ihm abgesondert sind und ihm antagonistisch gegenüberstehen” (1988: 253).
Es handelt sich hier nicht um Widersprüche, die auf die eine oder andere Art aufgelöst werden können. Wir müssen, wenn wir in solche Situationen verstrickt sind, irgendwie mit ihnen leben können. Z.B. hatten archaische Gemeinschaften die Fähigkeit, mit Hilfe von Mythen und zugehörigen Ritualen den erstgenannten Widerspruch temporär aufheben zu können. So gesehen können unsere heutigen ökologischen Probleme auch als eine Konsequenz unseres Unvermögens, mit solchen Widersprüchen in angemessener Weise umzugehen, interpretiert werden.
Schließlich möchte ich noch betonen, daß eine evolutionäre Perspektive nicht nur deshalb von Bedeutung ist, weil sie uns mit Wissen über die Vergangenheit und die nachfolgende Entwicklung zur Gegenwart versorgt, sondern auch, weil sie uns zu einer emotionalen Beziehung zur Geschichte des Lebens, von der wir ein Teil sind, stimulieren kann. Z.B. schlagen John Seed und Joanna Macy eine rituelle Übung im evolutionären Erinnern vor, die von Patrick Anderson folgendermaßen kommentiert wird: “Alle Kulturen und Gesellschaften erhalten ihren Zusammenhalt und ihre Identität durch die Erinnerung an ihre Vorfahren. Auch wir können eine stärkere Wertschätzung und Identifikation mit der Gemeinschaft des Lebens erreichen, wenn wir uns an die Entwicklungsgeschichte erinnern, die die Vielfalt des Lebens hervorgebracht hat. Durch das Zurückversetzen in andere ursprüngliche Lebensformen verwandelt sich der trockene Lehrbuchtext der Evolutionsgeschichte in dieser Übung in eine lebendige Erfahrung unseres Verbundenseins mit allen Formen des Lebens. Die Evolutionsgeschichte wird zu einem Schöpfungsmythos, der unsere Beziehung zur natürlichen Welt auf den Kopf stellen kann” (1990: 222-223).

Anmerkungen

1
Eine ausgezeichnete Darstellung des gegenwärtigen Wissens über den Prozess der Menschwerdung findet sich bei Richard Leakey und Roger Lewin (1992).
2
Lerner macht diese Aussage zwar im speziellen Zusammenhang ihrer Untersuchung zur Entstehung des Patriarchats, aber zweifellos läßt sich dasselbe auch im Hinblick auf das Mensch-Umwelt-Thema sagen. Im übrigen besteht der Verdacht, dass es zwischen Patriarchat und Umweltzerstörung eine enge Beziehung gibt.
3
Zur weiteren Charakterisierung dieser drei Stufen siehe Tabelle 2 in Steiner 1992: 209.
4
Zum Beispiel sagt Jean-Pierre Changeux unverblümt: “Fortan hat der Mensch nichts mehr mit dem «Geist» zu schaffen - es wird ihm genügen müssen, ein neuronaler Mensch zu sein” (1984: 216).
5
Gregor Dürrenberger (1989) zeigt, dass dieses dreiteilige Muster auch in der territorialen Organisation der mensch-gemachten Umwelt auftritt, z.B. in der Form der Wohnung als privates Territorium, des städtischen Platzes als öffentliches Territorium (jedenfalls stimmt dies für die Zeit vor der Überflutung der Städte durch den Privatverkehr!) und des Büros als berufliches Territorium. Das Muster macht sich aber auch in den grundlegenden Dimensionen der sog. “Faktorökologie” von Städten (einer multivariaten Untersuchung von Bevölkerungsdaten mittels Faktorenanalyse) bemerkbar, nämlich im Familien-Status (archaische Dimension), im Rassen- oder ethnischen Status (politische Dimension) und im sozio-ökonomischen Status (beruflich-ökonomische Dimension) (vgl. dazu z.B. Brian J.L. Berry und Frank E. Horton 1970: 316-365).
6
Eine “archaische” Rationalität kann als eine Art von Vernunft verstanden werden, die sich aus sozialen Interaktionen in der Form von direkten Begegnungen von Angesicht zu Angesicht von Menschen ergeben, die sich kennen und einander vertrauen.
7
Dabei wird auch der Konsum von Energie auf diese Weise behandelt, d.h. er wird zuerst in äquivalente Biomasse und dann in Landfläche umgesetzt. Das zugehörige Argument ist entweder, dass in absehbarer Zukunft keine nicht-erneuerbaren Energieressourcen mehr verfügbar sein werden und deshalb durch erneuerbare substituiert werden müssen, oder aber, dass wir die entsprechende Vegetationsfläche zur Kompensation des durch die nicht-erneuerbare Energiequellen verursachten Kohlendioxid-Effekts benötigen (vgl. Wackernagel u.a. 1993: 73 ff.).
8
Genau genommen beschreibt Giddens diese Situation als einen Fall von “existentiellem Widerspruch” (1988: 248). Wenn wir aber hinsichtlich der grundlegenden Muster eine Kontinuität von der biologischen zur kulturellen Evolution annehmen, können wir ihn vermutlich einfach als den Spezialfall eines strukturellen Widerspruchs betrachten.