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Politisches

Politisches

1. Begriffliches
1.1 Zum Begriff des Politischen
1.2 Zum Begriff der Macht
2. Von der archaischen zur politischen Gesellschaft
2.1 Stufen der Transformation von egalitären zu herrschaftlichen Gesellschaften
2.2 Politische Aspekte von archaischen lokalen Gruppen
2.3 Politische Aspekte von Stammesgesellschaften
2.4 Politische Aspekte von Häuptlingstümern
2.5 Ausblick auf politische Aspekte von stratifizierten und staatlichen Gesellschaften
3. Fallbeispiele für die Entwicklungsstufen
3.1 Die !Kung San als Beispiel für archaische lokale Gruppen
3.2 Die Tsembaga als Beispiel für eine Stammesgesellschaft
3.3 Die Irokesen als Beispiel für ein matrizentrisches Häuptlingstum
3.4 Die Hawaiianer als Beispiel einer stratifizierten Gesellschaft
4. Hypothesen zur Entstehung politischer Gesellschaften
4.1 Endogene Hypothesen
4.1.1 Die Überschuss-Hypothese von Gordon V. Childe
4.1.2 Die Redistributions-Hypothese von Elman R. Service
4.1.3 Die hydraulische Hypothese von Karl A. Wittfogel
4.1.4 Die Privateigentums-Hypothese von Friedrich Engels
4.2 Exogene Hypothesen
4.2.1 Die Begrenzungs-Hypothese von Robert L. Carneiro
4.2.2 Die Eroberungs-Hypothese von Herbert Spencer, Friedrich Ratzel u.a.
4.2.3 Die Notzeiten-Hypothese von Max Weber
5. Freiheit und Liberalismus
5.1 Freiheit als Willkür versus Freiheit in Verantwortung
Als Schweizer / Schweizerinnen haben wir vielleicht das Gefühl, wir wüssten besonders gut, was Freiheit ist, verbinden wir doch unsere nationale Identität immer noch stark mit der zurückliegenden Geschichte der Eidgenossenschaft, die, teils Wahrheit, teils Dichtung, uns in der Schule als eine Geschichte der Befreiung von und der Verteidigung gegen fremde Herrschaft nahegebracht worden ist. Wie so oft verliert der Begriff bei näherem Hinsehen aber an Klarheit. Was meinen wir eigentlich, wenn wir über Freiheit reden? Schlagen wir, um uns zu orientieren, ein philosophisches Wörterbuch auf, z.B. das von Johannes Hoffmeister, finden wir das folgende:
Freiheit im weitesten Sinn ist die Möglichkeit, so zu handeln, wie man will. In diesem Sinne schliesst die Freiheit auch die Willkür in sich ein und bildet den Gegensatz zur Notwendigkeit wie zum Zwange. Im engeren Sinn ist Freiheit die Möglichkeit der Selbstbestimmung des Menschen im Gegensatz zur Abhängigkeit von der Macht und dem Zwang anderer. Derjenige Mensch handelt frei, für dessen Handlungen die Ursachen allein in ihm selbst liegen. So gedacht, ist die Freiheit dem Zwange, aber nicht der Notwendigkeit entgegengesetzt. ... Freiheit setzt die freiwillige Anerkennung des Notwendigen voraus.171
Johannes Hoffmeister 1955, 236-237.
Wir sehen, dass hier eine Freiheit i.w.S., die keinerlei Beschränkungen kennt, von einer Freiheit i.e.S., die sich selbst Grenzen setzt, unterschieden wird. Freiheit der ersteren Art ist reine Willkür, also Freiheit, die auf nichts anderes als auf das eigene Wollen Rücksicht nimmt. In einer Welt, in der wir nicht allein leben, ist solche Freiheit aber letzten Endes unmöglich, bzw. würde zur Selbstvernichtung führen. Eine lebbare Freiheit hingegen ist eine der zweiten Art, also eine begrenzte Freiheit. Mit Walter Nutz könnten wir auch sagen, dass hier eine von allen Bindungen entfesselte Freiheit einer als Verantwortung begriffenen Freiheit entgegen steht.172
Vgl. Walter Nutz 1995, 38.
Wenn im Zitat von Hoffmeister Zwang und Notwendigkeit einander gegenübergestellt werden, sind damit einerseits die Grenzen angesprochen, die wegfallen, und andererseits die Grenzen, die beachtet werden müssen, damit von Freiheit in einem letzteren Sinne die Rede sein kann. Zwang steht in absolutem Gegensatz zur Freiheit, d.h. diese kann überhaupt nur bei Absenz von jenem existieren. Ein Mensch, der zu bestimmtem Tun durch andere gezwungen wird oder aber auch schutzlos den negativen Wirkungen des Tuns anderer ausgesetzt ist, ist auf alle Fälle unfrei. Ein Mensch, der, umgekehrt gesehen, eine zwangsfreie Existenz führen kann, geniesst Freiheit. Wenn dies aber nicht nur für einzelne, sondern für alle gelten soll, muss trotzdem ein äusserer, einschränkender Rahmen vorhanden sein. Hier kommt das Notwendige in Form von Regeln des menschlichen Zusammenlebens ins Spiel. Ein solches ist auf einer gänzlich regellosen Basis ja auch unmöglich. Dazu die Basler Philosophin Annemarie Pieper:
Das Leben in einer Gemeinschaft ist regelgeleitet. Die Notwendigkeit von Regeln bedeutet nicht Zwang oder gar Reglementierung, vielmehr signalisiert sie eine Ordnung und Strukturierung von Praxis um der grösstmöglichen Freiheit aller willen.173
Annemarie Pieper 1991, 14.
Angesichts der gegenwärtig fortschreitenden Umweltzerstörung, die unsere eigene Existenz bedroht, sollte nun eigentlich die Einsicht nahe liegen, dass der Rahmen notwendiger Regeln auch unseren Umgang mit der Natur einschliessen muss. Mit andern Worten, wir brauchen eine Transformation der bisher gültigen gesellschaftlichen Regeln derart, dass die von der Natur gesetzten Grenzen respektiert werden. Nur so kann eine menschliche Gesellschaft langfristig am Leben bleiben. Dazu der Zürcher Philosoph Gerhard Huber:
In der heutigen ökologischen Situation ist ... eine zusätzliche Bestimmung unseres Freiheitsbegriffes notwendig geworden, die zugleich dessen Eingrenzung und Ausweitung bedeutet: unser Freiheitsverständnis muss die Natur grundsätzlich einbeziehen. Die freie Selbstbestimmung des Menschen kann nur so weit Bestand haben, als sie den Fortbestand der Natur respektiert. Denn die Natur bildet die Lebensgrundlage des Menschen, und ohne deren Fortbestand kann auch die Freiheit des Menschen nicht bestehen.174
Gerhard Huber 1984. Dazu liesse sich allerdings noch sagen, dass diese Aussage einer klar rational begründbaren anthropozentrischen Sichtweise entspricht. In einer relativierten humanökologischen Perspektive wäre die Mitwelt nicht nur wegen ihrer Bedeutung für uns, sondern auch um ihrer selbst willen nach Möglichkeit zu erhalten. Allerdings kann eine solche Perspektive nur mit gewissen Abstrichen bei der Begründbarkeit eingenommen werden.
So gesehen ist es unsinnig zu behaupten, wir büssten einen Teil unserer Freiheit ein, wenn wir zum Zwecke des Umweltschutzes dazu aufgerufen sind, die eine oder die andere Tätigkeit, z.B. das Autofahren, einzuschränken oder ganz zu lassen.175
Dass viele das nicht sehen können oder wollen, kommt sehr schön im berühmt-berüchtigten bundesdeutschen Spruch "Freie Fahrt für freie Bürger!" zum Ausdruck.
Weil aber die Situation meistens so aufgefasst wird, trug auch eine auf den Fragenkreis von "Autarkie und Anpassung" bezogene interdisziplinäre Vortragsreihe der beiden Zürcher Hochschulen im Sommer 1994 den Untertitel "Zur Spannung zwischen Selbstbestimmung und Umwelterhaltung", eine Ausdrucksweise, die eben eine Gegenläufigkeit zwischen den beiden Begriffen andeutet. Um diesem Eindruck entgegenzuwirken, steuerte ich damals einen Beitrag mit dem Titel "Umwelterhaltung durch Selbstbestimmung" bei, damit eine Auffassung anprechend, die die letztere gerade als Voraussetzung der ersteren sieht.176
Siehe dazu Dieter Steiner 1995.
5.2 Negative versus positive Freiheit
5.3 Die "Tragödie des Liberalismus"
6. Demokratie und Ökologie
6.1 Staatsversagen
6.2 Politischer Kommunitarismus
6.3 Ökologischer Kommunitarismus
6.3.1 Spirituelle Entwicklung der Individuen
6.3.2 Politische Dezentralisierung und Selbstbestimmung
6.3.3 Bioregionale Organisation
7. Zur ökologischen Gesellschaftsutopie
7.1 Allgemeines
7.2 "bolo'bolo": Ein konkreter Entwurf
Zitierte Literatur