Auch hinsichtlich der Sklavenhaltung ist die römische Situation eine übersteigerte Fortsetzung dessen, was wir schon im Zusammenhang mit Mesopotamien kennengelernt haben (vgl. 5.1.2). Mit der Zeit wuchs die Zahl der Sklaven ins Ungeheuerliche. Zu Beginn der Kaiserzeit (27 v.u.Z.) soll ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung Roms 50-60% betragen
haben.53Nach Borneman 1984, 372.
Woher kamen sie? Weitaus die meisten waren Kriegsgefangene - tatsächlich war auch das wichtigste Ziel der fast permanenten Kriegsführung die Gewinnung von Sklaven. Weitere Quellen waren: die Seeräuberei, die Schuldsklaverei (auf die wir ebenfalls schon im Zusammenhang mit Mesopotamien gestossen sind), die Rettung von ausgesetzten Kindern oder der Verkauf von Kindern, die strafweise Herabsetzung in den Sklavenstand (im Falle von Männern z.B. infolge des Versuchs, sich vom Kriegsdienst zu drücken, im Falle von Frauen z.B. nach vom Gatten nicht erlaubtem sexuellem Verkehr mit einem Sklaven) und auch die Umwandlung von
Todesstrafen.54Siehe Bornem an 1984, 373-375, 384.
Die Sklaven waren für die Römer so wichtig, weil sie der festen Überzeugung waren, dass “normale” Menschen keine manuelle Arbeit ausführen sollten. Damit aber gab es auch keine technischen Weiterentwicklungen, weil kein Interesse an der Verbesserung der Produktionsmittel
bestand.55Vgl. Borneman 1984, 372.
Für die Römer gab es für die Distanzierung von der Arbeit auch keine “höheren” Gründe wie für die Griechen:
Sklaven wurden vor allem in den ritterlichen und senatorischen landwirtschaftlichen Grossbetrieben, den sog. Latifundien, eingesetzt. Diese waren im 3. Jh. v.u.Z. durch die Aggregation von kleinbäuerlichen Betrieben
entstanden.57Nach Borneman 1984, 367.
Sie stellten patriarchal organisierte Grosshaushalte in Form von Produktions- und Konsumorganisationen dar und vermittelten ein Abbild der gesellschaftlichen Schichtung, indem sie aus der Oberschicht-Kernfamilie und in Form von Satellitenhaushalten aus assoziierten Unterschicht-Kernfamilien und den Sklaven
bestanden.58Siehe Held 1978, 46-47.
Viele Mitglieder solcher Grosshaushalte blieben zeitlebens ledig, bzw. hatten, wie die Sklaven gar kein Recht, eine Familie zu
gründen.59Vgl. Knibiehler 1996, 39.
Der Hausvater übte eine vollständige Herrschaft über alle Hausgenossen, insbesondere aber über die Frauen und die Sklaven aus. Mit der Zeit wurden allerdings auch Gesetze eingeführt, die den Sklaven einen gewissen Schutz vor Willkürakten
boten.60Siehe Borneman 1984, 376.