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Weltbilder

Weltbilder

Einführung
1. Begriffliches und Grundsätzliches
1.1 Was ist ein Weltbild?
1.2 Alternative Bezeichnungen
1.3 Gibt es eine Logik des Weltbildwandels?13
Dieser Abschnitt ist mit Änderungen übernommen aus Dieter Steiner 1996: 18-21.
1.4 Ein idealtypisches Schema
Wir knüpfen hier an die schon in der "Einführung in die Humanökologie" (Abschnitt 4.4) gegebene erste schematische Übersicht über Weltbildtypen an. Wir sind dort von der Hierarchie zwischen einem Ganzen und seinen Teilen - die sich über mehrere Ebenen immer wiederholen kann - ausgegangen, und haben zwischen einem holistischen, einem atomistischen und einem relationalen Weltbild als grundlegend möglichen Weisen der Interpretation dieser Hierarchie unterschieden. Hier ergänzen wir das Schema noch durch ein Weltbild mit einem nicht-hierarchischen Charakter. Insgesamt erhalten wir dann das in Abbildung 1 gezeigte Schema. Bei den bereits bekannten hierarchischen Typen verwenden wir zur weiteren Charakterisierung noch Zusatzbezeichnungen. Im Folgenden geben wir eine kurze erläuternde Beschreibung, die allgemeine Struktur betreffend. Zweifellos stellt dieses Schema eine relativ grobe Vereinfachung dar, aber ein gewisser idealtypischer Charakter kann ihm nicht abgesprochen werden.
Abbildung 1: Schematische Darstellung der Idealtypen von Weltbildern, die logisch möglich und im Laufe der kulturellen Evolution auch relevant sind. In jedem Fall stellt der grössere Kreis ein Ganzes dar, während die kleinen Kreise für Teile stehen. Bei den drei hierarchischen Typen unten ist mit den schwarz gefüllten Kreisen bzw. mit den dick gezogenen Verbindungslinien der jeweils massgebliche Ausgangspunkt der Betrachtung markiert.
Abbildung 1: Schematische Darstellung der Idealtypen von Weltbildern, die logisch möglich und im Laufe der kulturellen Evolution auch relevant sind. In jedem Fall stellt der grössere Kreis ein Ganzes dar, während die kleinen Kreise für Teile stehen. Bei den drei hierarchischen Typen unten ist mit den schwarz gefüllten Kreisen bzw. mit den dick gezogenen Verbindungslinien der jeweils massgebliche Ausgangspunkt der Betrachtung markiert.
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Nicht-hierarchisches Weltbild: Alles ist im Prinzip auf der gleichen Ebene angesiedelt. Dies schliesst eine gewisse Unterscheidung von Ganzem und Teilen nicht aus, aber diese sind dann substituierbar: Teile können für das Ganze stehen und umgekehrt. Im Vergleich zu den hierarchischen Weltbildern wird aber ersichtlich, dass ein solches Weltbild, je nachdem wie sich die Menschen darin wahrnehmen, trotzdem einen gewissen holistischen, jedenfalls aber einen relationalen Charakter haben kann, wobei beides in einem relativ undifferenzierten Sinne zu verstehen wäre.
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Holistisch-organismisches Weltbild: Mit der Bezeichnung "holistisch" ist gezeigt, dass das Ganze den Vorrang vor den Teilen hat, womit eine kausale Wirkung von oben nach unten postuliert wird; wir könnten auch von einer "regulativen Hierarchie" (das Ganze kontrolliert die Teile) reden. Zu beachten ist, dass ich lediglich im Zusammenhang mit diesem Weltbild das Adjektiv "holistisch" verwende. Der untenstehende Exkurs weist aber darauf hin, dass der Begriff zum Teil auch im Rahmen des atomistischen und des relationalen Weltbildes auftaucht. Suchen wir Menschen bei einer holistischen Sicht auf die Welt nach Orientierung, so richten wir einen Mass nehmenden Blick nach oben. Der metaphorische Zusatz "organismisch" weist darauf hin, dass die Welt in Analogie zu einem Lebewesen verstanden wird, bei dem sich das Verhalten der Teile auf das Wohl des Ganzen ausrichtet.
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Atomistisch-mechanistisches Weltbild: Der Begriff "atomistisch" deutet an, dass hier genau umgekehrt die Teile den Primat vor dem Ganzen haben. Das letztere leitet sich also aus den ersteren ab, womit eine Kausalitätsrichtung von unten nach oben existiert und die Hierarchie "konstitutiv" (die Teile bauen ein Ganzes auf) genannt werden kann. Ein Atomismus im buchstäblichen Sinne liegt vor, wenn der Aufbau der Welt auf letzte materielle Bausteine zurückgeführt wird. Im Allgemeinen ist damit aber einfach gemeint, dass immer ein Niveau von Teilen Ausgangspunkt der Betrachtung ist. Die Orientierung ergibt sich durch einen "masslosen" Blick nach unten. Der Zusatz "mechanistisch" deutet auf die Metapher der Maschine, die dann richtig funktioniert, wenn sie aus Teilen adäquat aufgebaut ist. Hinsichtlich des zugehörigen Organisationsplanes besteht der entscheidende Unterschied zwischen Organismus und Maschine darin, dass dieser im ersten Fall intern, im zweiten Fall extern angesiedelt ist.
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Relational-evolutionäres Weltbild: Weder kontrolliert das Ganze die Teile, noch bauen die Teile das Ganze auf, sondern in einem gewissen Sinne geschieht beides gleichzeitig. Im Zentrum der Betrachtung stehen die Relationen zwischen den Teilen und zwischen den Teilen und dem Ganzen, woraus sich sowohl die Natur der Teile wie auch des Ganzen ergibt. Damit verliert auch die Hierarchie ihre Einseitigkeit in der einen oder anderen Form, d.h. sie ist nicht mehr nur regulativ oder nur konstitutiv, sondern beides gleichzeitig und kann deshalb "dual" genannt werden. Und wenn wir die Vorstellung von Kausalität auch unter diesen Umständen beibehalten wollen, müssen wir uns eine Art zirkuläre Kausalität vorstellen. Der Zusatz "evolutionär" zeigt an, dass das relationale Weltbild auch eine durchgehend dynamische Vorstellung des Weltgeschehens beinhaltet, während sowohl das holistische und wie auch das atomistische Weltbild einen mindestens teilweise statischen Charakter haben. Zusammenfassend könnte das relational-evolutionäre Weltbild auch als "koevolutionär" bezeichnet werden: Alles, was in Beziehung zueinander steht, entwickelt sich in Wechselwirkung miteinander.
Exkurs: Verschiedene Arten des Verständnisses von "Holismus" (oder Ganzheitlichkeit)1
Vgl. Dieter Steiner 1992.
1.
Im Sinne eines holistisch-organismischen Weltbildes: Hier hat effektiv das Ganze den Primat vor den Teilen. Wir können deshalb sagen, wir hätten es einzig und allein in diesem Fall mit echtem Holismus zu tun. Tatsächlich verwende ich selbst den Begriff nur in einem solchen Zusammenhang. Beispiel: Die Besprechung des Holismus im 20. Jahrhundert von Klaus Michael Meyer-Abich gehört hierhin. In jedem Fall ist hier die Welt "vom Ganzen her zu denken".2
Klaus Michael Meyer-Abich 1989: 313.
2.
Im Rahmen eines atomistisch-mechanistischen Weltbildes: Es kommt vor, dass systemtheoretische Ansätze mit dem Attribut "holistisch" bedacht werden. Nach meinem Dafürhalten ist dies irreführend, denn ein Systemmodell entsteht immer aus einer Verknüpfung von Teilen, also aus einem Aufbau von unten, und entspricht damit im Prinzip immer noch einer atomistischen Sichtweise. Beispiel: Bei Hans Ulrich und Gilbert J.B. Probst wird die "Systemtheorie als Grundlagenwissenschaft des ganzheitlichen Denkens" verstanden.3
Hans Ulrich und Gilbert J.B. Probst 1988: speziell 19 ff.
3.
Im Rahmen eines relational-evolutionären Weltbildes: Auch für solche Sichtweisen wird häufig die Bezeichnung "holistisch" gebraucht. Aber auch hier wäre zum empfehlen, davon abzusehen, denn das Charakteristikum dieser Weltbildart besteht ja gerade darin, dass mittels einer Wechselseitigkeit die Einbahnstrasse vom Ganzen zu den Teilen oder umgekehrt überwunden wird. Beispiel: Im Hinblick auf das neue Weltbild sagt Fritjof Capra: "The new paradigm may be called a holistic worldview ...".4
Fritjof Capra 1996: 6.
1.5 Parallelisierung von Weltbildarten, Bewusstseinsstufen und Gesellschaftstypen
1.5.1 Nicht-hierarchisches Weltbild
1.5.2 Holistisch-organismisches und atomistisch-mechanistisches Weltbild
1.5.3 Relational-evolutionäres Weltbild
2. Holismus versus Atomismus: Zwei Weltbilder im Widerstreit41
Dieses Kapitel ist mit Änderungen übernommen aus Steiner 1996: 28-38.
2.1 Zwei Kulturen
2.2 Geist versus Materie
2.3 Zwecke versus Ursachen
2.4 Werte versus Fakten
2.5 Konsequenzen für das Mensch-Umwelt-Verhältnis
3. Überwindung der Gegensätze: Archaisches in Vergangenheit und Zukunft97
Dieses Kapitel ist mit Änderungen übernommen aus Steiner 1996: 38-49.
3.1 Das undifferenzierte Weltbild der archaisch-matrizentrischen Zeit
3.2 Leben ist mehr als Sprache
3.3 Die Dualität des relationalen Weltbildes
3.4 Warum der Zusatz "evolutionär"?
3.5 Verbindung zwischen Zwecken und Ursachen
3.6 Versöhnung zwischen Werten und Fakten
3.7 Die ökologische Vernunft kann nicht etwas Beliebiges sein
4. Rolle und Bedeutung der Deutungssysteme Religion, Philosophie und Wissenschaft171
Dieses Kapitel ist mit Änderungen übernommen aus Steiner 1998.
4.1 Der heutige Orientierungsverlust
4.2 Die "seelisch-geistige Nahrungskette"
4.3 Zu den "Nahrungsunterbrüchen" und ihrer Überwindung
4.3.1 Wissenschaft
4.3.2 Philosophie
4.3.3 Religion
Zitierte Literatur